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Bunthaus Brauerei in Hamburg Wilhelmsburg: „Wir wollen einfach ausprobieren!“

Die Bunthaus Brauerei aus Hamburg Wilhelmsburg ist am Start.

Nicht erst seit gestern, aber auch noch nicht sehr lange. 2016 aus dem gemeinsamen Hobby dreier Freunde entstanden, schickt sich die Bunthaus Brauerei in Hamburg Wilhelmsburg an, sich mit sowohl ausgereiften wie ausgefallenen Bierspezialitäten einen Namen in der Craft-Beer-Szene zu machen.

Jens Block und Jens Hinrichs haben den wohl einmaligsten Platz in ganz Deutschland für ihre Brauerei gefunden. Sie brauen auf der Bunthäuser Spitze, dem südlichsten Zipfel von Hamburg Wilhelmsburg, Deutschlands größter Flussinsel.

Obwohl ihre Brauerei damit mitten in Hamburg liegt, wähnst du dich vor Ort eher mitten in der Natur. Das gibt es so wohl nur in Hamburg.

Direkt vor der Bunthaus Brauerei teilt sich die mächtige Elbe in Norder- und Süderelbe auf. Allein dieser Anblick macht den Standort der Brauerei einmalig schön. Doch damit nicht genug: Direkt um die Ecke befindet sich das Naturschutzgebiet „Heuckenlock“ und als Nachbarn haben die Brauer Bauern, von denen sie einige der Zutaten für ihre Biere beziehen. Hinter der Brauerei wachsen Holunder und Hopfen. Idyllischer geht es wohl kaum.

Und all das mitten im Zentrum einer Großstadt. Einmalig cool!

Bunthaus Brauerei. Die Bunthäuser Spitze in Hamburg Wilhelmsburg
Die Bunthäuser Spitze… (Foto © Bunthaus)
Bunthaus Brauerei. Die Bunthäuser Spitze in Hamburg Wilhelmsburg
… in Hamburg Wilhelmsburg

Bei so viel Einmaligkeit um sie herum, geht es wohl fast nicht anders, als auch einmalige Biere zu brauen. Mich haben die Biere der Bunthaus Brauerei jedenfalls wirklich begeistert. Aber auch die Geschichte der Brauer und ihrer Brauerei ist spannend. Und als großer Fan von Sour Beers, interessieren mich diese natürlich ganz besonders.

Neben den eher klassischen Craft-Beer-Sorten wie IPAs, Pale Ales, Porters, Stouts usw. werden in der kleinen Spezialitäten-Brauerei nämlich auch hervorragende Sour Beers und Wild Ales produziert.

Das ist selten für eine Brauerei, haben doch die meisten Brauer (zu recht) Angst, alle ihre Biere mit wilden Hefen oder Milchsäurebakterien zu infizieren.

Warum und wie die Jungs von der Bunthaus Brauerei trotzdem beides brauen und weder auf ihre straighten Biere, noch auf die Sours und Wild Ales verzichten möchten und was sonst noch alles bei Bunthaus geht, erklärt Jens Block, der in der Brauerei für die Sparte der Wild Ales und Sour Beers verantwortlich ist, im Interview mit MojitoPapers.

Bunthaus Brauerei. Jens Block bei der Hopfenpflege
Jens Block bei der Hopfenpflege, direkt hinter der Brauerei.

Jens, jetzt mal ganz ehrlich. Was muss man machen, um an einem solch schönen Ort brauen zu dürfen?

„In erster Linie muss man Glück haben [lacht]. Wir waren irgendwann das Hobbybrauen im Keller leid und haben nach einem geeigneten Ort für eine größere Anlage gesucht und dabei sind uns diese Räumlichkeiten quasi in den Schoß gefallen. Uns war sofort klar, das ist der perfekte Ort für unser Bier!“

Bunthaus Brauerei. Die Einfahrt
Die Einfahrt zur Bunthaus Brauerei

Ihr habt neben eher klassischen Craft-Beer-Sorten wie IPAs, Pale Ales und Stouts auch diverse Sour Beers und Wild Ales im Bunthaus-Portfolio. Wie kam es dazu?

„Ich bin von Haus aus Biologe und habe mich schon immer für natürliche Lebensmittel und -Herstellungsprozesse interessiert. Eins meiner Spezialgebiete waren Hefen, deren Eigenschaften und Verwendung in Nahrungsmitteln. Darüber bin ich dann auch zum Bierbrauen gekommen. Mich hat schon immer fasziniert, was für ein tolles, cleanes Getränk Bier ist, ohne den ganzen Scheiß, den man oft in anderen Nahrungsmitteln findet und dass man mit Hefen und dem natürlichen Prozess der Gärung so etwas Leckeres kreieren kann. Dabei faszinieren mich besonders der Geschmack und die Vielseitigkeit von Wild Ales und Sour Beers. Letztendlich war das auch der Grund, mich dem Brauen ausführlich zu widmen.

Jens [Jens Hinrichs, der andere Kopf hinter der Bunthaus Brauerei; MP] ist ein großer Fan von West Coast IPAs und macht auch hervorragende Pale Ales, Bocks, Stouts usw.. Somit ergänzen wir uns zum einen super gut und können den Kunden zum anderen vielseitige Spezialitätenbiere anbieten, ohne uns auf eine Nische innerhalb des Craft-Beer-Marktes festlegen zu müssen.“

Viele Brauereien scheuen den gezielten Einsatz von Brettanomyces und anderen wilden Hefen, die für einen gewollt „funkigen“ Charakter in Sour oder Wild Ales sorgen, da die Gefahr groß ist, damit auch die anderen Biere ungewollt zu infizieren. Wie sieht es damit bei euch aus?

„Wir können hier, auch bedingt durch unsere kleine Anlage [zwei Hektoliter umfassend; MP], damit anders umgehen, als größere Brauereien. Aber der Reihe nach:

Ich bin Diplom-Biologe und kenne mich entsprechend gut mit Hefen, Bakterien und anderen Mikroorganismen aus. Zudem können wir unsere kleine Anlage viel leichter reinigen, als größere Brauereien. Wir haben die Sour Beers und Wild Ales zwar getrennt von den anderen, nicht saueren Bieren, aber theoretisch können wir nach einer gründlichen Reinigung auch ein IPA oder Stout mit dem gleichen Equipment herstellen, auf dem wir zuvor ein Sour Beer gebraut haben.

Aber selbst, wenn uns mal ein Bier sour oder funky wird, schütten wir das nicht sofort weg, sondern nehmen uns die Zeit, dass einfach mal hinten ins Lager zu stellen und zu schauen, wie sich das entwickelt. Wir wollen einfach ganz viel ausprobieren.“

Was habt ihr denn eigentlich für Sour Beers im Sortiment?

„Zurzeit haben wir ein Rote Bete Sour, ein Elderflower Wild Ale, ein Bock mit Brettanomyces sowie eine vietnamesische Gose mit Fischsoße und Zitronengras am Start. Geplant sind jedoch viele weitere.

Ich habe uns neulich ein Kühlschiff besorgt, das ich gerne mit einem unserer Biere gefüllt unter verschiedene Bäume legen möchte, damit es mit den sich im jeweiligen Baum befindlichen Hefen vergoren wird. Ein Bier, das ganz speziell nach einem Ort und einem Baum schmeckt, wie abgefahren wäre das denn?!“

Bunthaus Brauerei. Natur pur mitten in Hamburg.
Der Blick aus dem Fenster der Brauerei. Natur pur mitten in Hamburg.

Bei so viel Kreativität ist es fast nicht mehr verwunderlich, dass ihr euch mit einer Wilhelmsburger Eisdiele zusammengeschlossen habt, um das erste Bier-Eis Deutschlands zu kreiren. Was für Sorten gibt es?

„Den Anfang machte ein Stout, dann kam ein Black IPA an die Reihe und nun soll ein Holunder-Saison-Eis entstehen.“

Ihr seid auch mal mit eurem „Bierfiets“, einem zur mobilen Zapfanlage umgebauten Fahrrad, auf Veranstaltungen in Hamburg anzutreffen. Erzähl mal ein paar Worte dazu!

„Der Bierfiets ist ein zur mobilen Zapfanlage umgebautes Lastenfahrrad, das uns die Jungs von Velo 54 in Wilhelmsburg umgebaut haben. Damit können wir zwei 30 Liter Fässer Bier transportieren und mobil ausschenken. Dank der top Isolierung bleibt das Bier da drin einen ganzen Tag lang kühl. Und mit diesem Gefährt radeln wir dann zu Messen, Veranstaltungen oder Parties. Natürlich ist man mit 60 Kg plus Aufbau schon an der Belastungsgrenze und wir fahren am liebsten auf Veranstaltungen hier in der Nähe. Aber theoretisch kann uns jeder Hamburger anrufen und dann schauen wir mal, was wir machen können!“

Bunthaus Brauerei. Der Bierfiets

Was sind eure Ziele mit der Bunthaus Brauerei? Wo soll es hingehen?

„Also, zunächst einmal wollen wir in dieser Größenordnung weiterbrauen [derzeit etwa 200 Hektoliter pro Jahr; MP]. Wir wollen eine kleine professionelle Spezialitäten-Brauerei sein, die eine überschaubare Anzahl an Flaschen abfüllt und sonst vor allem für den regionalen Markt [vor allem Fassbier für Restaurants und Bars; MP] produziert. Wir wollen uns nicht den wirtschaftlichen Druck aufbürden, einen großen Kredit aufzunehmen, um uns eine größere Anlage zu bauen, wo wir einfach Menge mit machen können, sondern uns einen Namen für ganz besondere Biere in der Szene aufbauen. Wir wollen eine Anlaufadresse für besondere Biere sein. Wobei wir uns natürlich schon vorstellen können, das eine oder andere Bier auf einer größeren Anlage zu brauen, wenn die Nachfrage zu groß für diese hier wird [bereits jetzt lassen die Jungs ihr „Pilsner“ bei Klüvers in Neustadt in Holstein brauen; MP].

Die Sour Beers und Wild Ales werden jetzt bereits schon in Champagnerflaschen abgefüllt und in kleiner Auflage regional verkauft. Das wollen wir so beibehalten, wobei ich mir vorstellen könnte, diese Biere auch überregional und international zu verkaufen.“

Das klingt alles super. Gibt es auch Probleme, mit denen ihr als junge Brauerei zu kämpfen habt ?

„Ja, tatsächlich. Und zwar werden wir immer wieder nach Flaschenbier gefragt. Da wir unsere Biere aber bislang alle per Hand abfüllen müssen, geht es über die bereits erwähnten Sonderabfüllungen in Champagnerflaschen aber momentan nicht hinaus. Es ist einfach zu aufwendig und ein zu großer Saukram, unsere Biere im großen Stil per Hand in Flaschen abzufüllen.

Um der Nachfrage gerecht werden zu können, haben wir eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, mit der wir eine halbautomatische Flaschenabfüllanlage kaufen wollen. Die Kampagne läuft noch bis zum 1. August, über Unterstützung würden wir uns natürlich sehr freuen.“ [Update: Die Kampagne ist beendet. Die Jungs haben ihr Ziel erreicht, die Flaschenabfüllanlage wird bald an den Start gehen. Herzlichen Glückwunsch an die Bunthaus Brauerei!]

Jens, vielen Dank für das Interview!

Weitere Infos zur Bunthaus Brauerei, ihrer Gründungsgeschichte und den Köpfen hinter der Brauerei aus Wilhelmsburg, kannst du in meinem Bunthaus-Portait bei Hopfenhelden nachlesen.

Ich bin nach meinem Besuch bei der Bunthaus Brauerei überzeugt davon, dass wir von den Jungs noch einiges hören werden und freue mich schon auf weitere spannende Biere von der Bunthäuser Spitze, mitten im Herzen von Hamburg!

Bunthaus Brauerei. Craft Beer aus Wilhelmsburg
(Foto © Bunthaus)
Bunthaus Brauerei. Das Team: Jens Hinrichs und Jens Block
(Foto © Bunthaus)
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